Kapitel 4 -Hunger zum Angucken-
06.05.2015 14:50
Und dann folgte der Mittwoch - wie schnell ein Monat doch vergeht! Die dritte Stunde Ernährungsberatung stand auf dem Programm. Mich innerlich ermahnend, gelassen zu bleiben, aufmerksam dem Unterricht zu folgen und am besten eher die Klappe zu halten, betrat ich den Seminarraum, der noch genauso rechteckig, grau und trostlos war, wie einen Monat zuvor. Jede/r hatte schon seit dem zweiten Abend seinen Stammplatz, also setzte ich mich auf meinen Platz und harrte der Dinge die da kommen würden. Die Projektionsfläche hinter der Oecotrophologin blieb grau, während sie das Thema der dritten Beratung verkündete: Hunger und Sattsein. Aha!
Sie forderte uns auf, Hunger zu beschreiben. Eifrig wurden Begriffe in den Raum gerufen: Man hat schlechte Laune; Magenknurren; Loch im Bauch; und so fort ... ich dachte: Naja Hunger, Hunger, wir leben ja nicht in der Sahelzone und der Hungerwinter 45 war lange vor meiner Geburt, Hunger ... Hunger, also gut, wenn ich 6 Stunden nichts gegessen habe, meldet sich mein Magen mit einem unangenehmen Gefühl ... Da wurde ich jäh aus meiner inneren Betrachtung gerissen, weil die Oecotrophologin plötzlich feststellte, dass wir ja gar nichts sehen!
Wie jetzt, ich kann meinen Hunger nicht sehen???
Nein, die Powerpoint-Dingsda liefe nicht, weil der „Sowieso“ das Ladekabel nicht mitgebracht hätte, und sie müsse nun mal ganz schnell weg, um dasselbe herbeizuschaffen, wir würden gar nicht merken, dass sie überhaupt weggewesen wäre, so schnell sei sie wieder zurück, also keine zwei Minuten und sie wäre wieder da ... Ja meine Güte, dachte ich, dann hör auf zu sabbeln und geh‘!
Meine Gelassenheit nutzte sich schneller ab, als ich mir vorgenommen hatte. Ja, dann kam Miss Powerpoint auch schon wieder, verstöpselte die Gerätschaften und wir konnten den Hunger sehen.
Das Thema Appetit kam dazu, wieder Schilderungen der Teilnehmer/Innen: Weil etwas lecker riecht, wenn man wo vorbeigeht ..., Weil man Langeweile hat ..., weil frau ihre Tage bekommt ..., und jeder Beitrag wurde von der Oecotrophologin mit einem verständnisvollen Kopfnicken und mitleidigem Hochziehen der Augenbrauen bedacht. Sie versuchte sich per Blickkontakt durch ihre großen Brillengläser mit uns zu solidarisieren, sie die Oecotrophologin, in ihren grauen Schlabberklamotten, mit keiner Haarfarbe und selbstverständlich schwanger.
Was habe ich dennoch an Sachinformation neu dazubekommen?
„Der Magen braucht eine halbe Stunde, bis er dem Gehirn meldet, dass eine Sättigung eingetreten ist.“ Damit kann ich arbeiten. Eine Sachinformation pro 90 min. Ernährungsberatung muss mir genügen. Bis zum nächsten Blogeintrag verabschieden sich 161,9 kg