Kapitel 7 -Dickes Kind-

06.05.2015 15:27

Donnerstag, 30. April 2015

   Ich wälze (ge)wichtige Fragen hin und her:

   Habe ich heute ein extremes Übergewicht, weil mein geringes Übergewicht in der Kindheit und Jugend nicht akzeptabel war, weil ich unter dem ständigen Druck stand, abzunehmen?

   Wenn ich heute auf Fotos von mir sehe, wie dick ich als Kind war, dann besteht da ein gewaltiges Missverhältnis zu dem, wie dick ich mich fühlte.

   Zudem war meine Mutter höchst unzufrieden mit meiner Gestalt, aber auch unfähig, meine gesunde, regelmässige Ernährung zu gewährleisten, u.a. weil sie berufstätig war.

   Ab meinem Wechsel von der Volksschule zum Gymnasium fuhr ich, je nach Wetterlage mal mit dem Bus, mal mit dem Fahrrad, nach der Schule von der Südstadt nach Lindenthal zu meiner Oma. Dort gab es eine warme Mahlzeit, aber auch katastrophale Ernährungshinweise wie z.B.:  

   „Trink nicht so viel Mineralwasser, iss lieber einen Fruchtjoghurt.“ Das waren diese weißen Joghurts mit dem  Klacks Marmelade unten drin. Meine Oma sprach immer von „Jochott“.
 
   Wenn ich, was häufiger vorkam, auch mein Abendbrot bei der Oma einnahm, gab es ein kleines Glas Bier dazu! Da war ich acht!

   Ab meinem 12. Lebensjahr wohnten wir, meine Mutter und ich, dann in Porz-Eil und ich wechselte auf das Stadtgymnasium Porz.

   Meine Mutter kochte am Wochenende, und wenn ich Glück hatte, blieb ein Rest, den ich mir montags aufwärmen konnte. Die übrigen Wochentage gab es keine Mahlzeit, wenn ich hungrig von der Schule kam. Daher rührt vielleicht meine Abneigung gegen Butterbrote, die ich mir dann machen sollte, und aus denen auch das gemeinsame Abendessen bestand.

   Ich experimentierte des öfteren mit den vorhandenen Lebensmitteln, briet Brotscheiben in der Pfanne, lutschte tiefgefrorene Pflaumen, die aus Omas Garten stammten, und lernte Nudeln zu kochen, die dann mit Ketchup verzehrt wurden.

   Ok, es war auch meistens Obst vorhanden, aber wenn man sich an Orangen sattessen will, muss man schon größere Mengen verzehren.

   Mit diesen dankbar schlechten Startbedingungen führte mein Weg in die Pubertät, das unerreichbare Schönheitsideal Twiggy vor der Nase.